Am vergangenen Montag, dem 09.Juni 2025, hat Trump mit dem israelischen Premierminister Netanyahu telefoniert und ihn gebeten, Iran nicht anzugreifen, da es eine Chance gebe, die Verhandlungen mit dem Iran über das iranische Atomprogramm erfolgreich abzuschließen. Am Mittwoch haben sich die Unterhändler der USA und des Irans getroffen. Am Donnerstag, also gestern, spricht sich Trump laut Breitbart für eine Fortsetzung der Verhandlungen und gegen einen israelischen Angriff aus:
“Yeah, it’s a very fair question. Look, I want to have an agreement with Iran… We’re fairly close to a pretty good agreement. It’s got to be better than pretty good, though…I’d much prefer an agreement,” Trump said.
He then said that if an agreement can be reached, he does not want Netanyahu to launch an attack on Iran.
“As long as I think there is an agreement, I don’t want them going in, because I think it would blow it. It might help, actually, but it also could blow it. But we’ve had very good discussions with Iran,” he stated.
Einige Stunden später beginnt Israel den Krieg gegen den Iran.
Trump ist damit von einem Tag auf den anderen um zwei Probleme reicher. Einmal steht er als Schwächling da, dessen enger Verbündeter sich problemlos über den ausdrücklichen Wunsch des US-Präsidenten hinwegsetzt, trotz des Umstandes, dass Israel am Ende von den USA abhängig ist. Das spiegelt allerdings nur die Wirklichkeit wider. Trump ist außenpolitisch ein ungemein schwacher Präsident, dessen Wort keinerlei Gewicht hat, weil er es nie mit Taten verknüpft. Siehe seine kläglichen Versuche, den Ukraine-Krieg zu beenden. Dasselbe gilt für Israel, und Netanyahu hat diese Schwäche jetzt bloßgestellt.
Und zum zweiten muss sich Trump jetzt entscheiden, ob er Israel beisteht oder nicht. Die republikanischen Falken fordern genau das mit großer Lautstärke. Das Problem dabei: das wäre der Bruch eines zentralen Versprechens von Trump, Kriege zu verhindern und zu lösen, aber nicht die USA wieder in Kriege auf fremden Kontinenten (Vietnam, Irak) zu verwickeln, die nichts mit der Sicherheit der USA zu tun haben.
Auf X macht z.B. ein Videoclip von 2011 die Runde, wo er dem damaligen Präsidenten Obama vorwirft, einen Krieg gegen den Iran beginnen zu wollen, weil dieser überhaupt nicht verhandeln könne und schwach und uneffektiv sei.
In genau diesem Sinne hat Trump im letzten November erklärt:
We haven't had a war, we haven't had a war for four years. Except we defeated ISIS. We defeated ISIS in record time, but we haven't had a war. They said, 'He's going to start a war.' I'm not going to start a war, I'm going to stop all the wars in the world.
Bei einer Pressekonferenz Mar-E-Lago im letzten Dezember findet Trump folgende Worte:
You know, when I left, we had no wars. We had no problems. The Middle East was good. We did the Abraham Accords. We did things that nobody felt were even possible. But think of it. Four years ago, we had no wars.
Oder seine Antrittsrede am 20. Januar 2025:
Our power will stop all wars and bring a new spirit of unity to a world that has been angry, violent, and totally unpredictable.
Und siehe da, man hat es ihm geglaubt. Der Wunsch, anders als die verhassten Neocons keine Kriege zu führen, ist Kernbestand der MAGA-Ideologie. Einzelne Stimmen von MAGA fordern ganz folgerichtig, genau dieses Versprechen jetzt auch einzuhalten und sich nicht an dem Krieg zu beteiligen.
Der Podcaster Saagar Enjeti schreibt z.B. auf X
Israel has now made a mockery of the United States. President Trump today said he did not want strikes ahead of negotiations scheduled for tomorrow and they did it anyways. Their attack today is deliberate sabotage and a blatant attempt to force us into war. We must resist.
Oder der Journalist Nick Sortor ebenfalls auf X
The US was NOT INVOLVED in Israel’s strikes against Iran, Marco Rubio confirms. Good! It must STAY that way. NOT OUR WAR. PROTECT OUR TROOPS!
Sowohl Jack Posobiec wie Charlie Kirk, zwei der mächtigsten Aktivisten im MAGA-Universum befürchten, dass sich das MAGA-Lager über dieser Frage komplett zerlegen wird.
Aber man sollte andererseits niemals die ideologische Flexibilität von Trump und MAGA unterschätzen. In MAGA-Land ist alles möglich. Der düpierte Trump stellt es auf Truth Social nun plötzlich so dar, dass sein Ultimatum an den Iran genau gestern abgelaufen wäre. Die Luftangriffe seien die natürliche Konsequenz. Es ist unklar, warum dann eine weitere Verhandlungsrunde für Sonntag angesetzt war oder er Netanyahu gebeten hat, den Iran nicht anzugreifen, aber das ist ja auch schon ferne Vergangenheit. Die Aktivistin Laura Loomer bläst auf X ins selbe Horn, vermeidet aber zugleich sehr sorgfältig eine Stellungnahme zur Frage einer US-Beteiligung.
Trump muss sich also irgendwann entscheiden. Führt er die USA in einen weiteren Krieg im Nahen Osten oder ist er mit Rücksicht auf die Basis und die eigenen Versprechungen bereit, einen der engsten Verbündeten der USA im Kampf gegen die Mullahs hängen zu lassen, auch dann wenn Israel möglicherweise öffentlich um Hilfe bittet.
Wenn ich wetten müsste, würde ich mein Geld darauf setzen, dass Trump seine Versprechungen nach einer Zeit des Lavierens ignoriert und Israel hilft, möglicherweise sogar durch ein direktes Eingreifen amerikanischer Truppen im Iran. Denn wenn schon Krieg ist, steht vielleicht bald die Frage im Raum, ob man das Mullah-Regime gleich insgesamt beseitigt. Aber ich bin gespannt, was das für die MAGA-Bewegung bzw. die allgemeine Popularität Trumps bedeuten würde. So oder so, Donald Trump muss jetzt Urteils-, Tat- und Entscheidungskraft beweisen. Nicht sein Forte.