Eine im Mai erhobene und gerade veröffentlichte CNN-Umfrage gibt interessante Hinweise, wie sich die amerikanische Öffentlichkeit nach den ersten vier Monaten der Trump-Präsidentschaft sortiert. Ich möchte sechs Ergebnisse hieraus vorstellen und diese am Ende mit Blick auf die Partei der Demokraten kurz einordnen.
58% der Befragten denken, dass die Regierung mehr tun sollte, um Probleme zu lösen. Das ist kein gutes Ergebnis für Trump, insbesondere im Vergleich mit Werten der letzten Jahrzehnte (siehe unten die beiden blau umrandeten Bereiche). Bedenkt man, dass Trump seit dem ersten Tag eine nicht endende Flut von Entscheidungen trifft, wird die Bilanz sogar noch ein wenig schlechter. Ganz offensichtlich finden viele Menschen, dass der Kampf gegen Harvard oder die Auflösung von Behörden eher wenig dazu beitragen haben, die in ihrem Leben relevanten Probleme zu lösen.
Das Miteinander verschiedener Ethnien und Nationalitäten in den USA wird positiv bewertet. 72% der Befragten geben an, ethnische Pluralität als bereichernd zu erleben, das sind 6% mehr als im letzten September. 27% erleben die ethnische Vielfalt als bedrohlich. Angesichts des offen rassistischen Diskurses der Trump-Regierung im Zusammenhang mit den Deportationen ist das eine interessante Verteilung. Die breite Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung scheint die Werteinstellungen der Trump-Politik nicht zu teilen.
Auf die Frage, bei welchen Themen sie welcher Partei näher stehen, hat die Demokratische Partei einen Vorteil bei Fragen wie Abtreibung oder Minderheitenrechte. Das hat Tradition, reicht aber nicht für Wahlsiege. Der Durchschnittswähler interessiert sich primär für materielle Sicherheit und Wohlstand, also Wirtschaft. Hier sehen sich zwar 38% näher an den Republikanern gegenüber 31% Demokraten, aber volle 30% fühlen sich von keiner der beiden Parteien vertreten. Und während die Republikaner, wie immer, vor allem bei alten weißen Männern gut abschneiden, sind ihre Zustimmungswerte in puncto Wirtschaft bei der farbigen (“Persons of Color”)sowie der schwarzen Bevölkerung mit 26% bzw. 12% geradezu verheerend, also bei Bevölkerungsgruppen, die bei der letzten Wahl einen Schwenk zu Trump vollzogen haben.
Ähnlich ist das Bild bei der Frage, welche Partei für die Mittelklasse eintritt. Jeweils ein Drittel entscheidet sich für Dems, Reps oder - again! - keine der beiden Parteien. Und wieder sind die Werte für die Republikaner miserabel, wenn man Schwarze (11%), Farbige (21%) oder Latinos (24%) fragt.
Für die Demokraten sieht es schlecht aus bei der Frage, welche Partei starke Führungsfiguren hat. Nur 16% sagen, dass dies auf die Demokraten zutrifft. 40% sehen dies bei den Republikanern. Die eigentliche Nachricht ist aber wieder, dass noch mehr Leute, nämlich 43%, sagen, dass keine der beiden Parteien starke Führungsfiguren hat. Angesichts der Dominanz von Trump in der US-Politik ist das ein überraschend hoher Wert. Sein Führungsstil kommt offenbar nur begrenzt gut an.
Zuletzt die Frage, welche Partei Ergebnisse erzielt (“can get things done”). Republikaner wieder vor den Demokraten, das war zu erwarten. Die Überraschung ist, dass mit 44% erneut eine deutliche relative Mehrheit sagt, keine der beiden Parteien würde Ergebnisse erzielen.
Unterm Strich zeigt die Umfrage, dass Einstellungen in der US-Bevölkerung in Bewegung geraten sind. Die Politik von Trump führt - genau wie der Stratege James Carville vorhergesagt hat1 - zu einer messbaren Ernüchterung über die Republikaner im öffentlichen Meinungsbild. Das bildet sich vor allem in den Fragen 1 und 6 ab. Als Folge der erratischen und von vielen für falsch gehaltenen Zollpolitik ist zudem die Zustimmung zur Wirtschaftspolitik von Trump und den Republikanern bestenfalls nur noch lauwarm. Auch die Mittelklasse fühlt sich von Trump offensichtlich nicht mehr vertreten. Das alles sind deutliche Warnzeichen für die Republikaner. Setzen sie die Politik der ersten vier Monate fort, und im Moment sieht alles danach aus, werden sie weiter an Zustimmung verlieren. Bei den Abgeordneten der Republikaner, die im November 2026 zur Wahl stehen, sollten die Alarmglocken klingeln.
Für die Demokraten ergibt sich hingegen vor allem eine klare Aufgabe. Sie müssen die große Zahl von Leuten abholen, die derzeit beiden Parteien kritisch gegenüberstehen. Wenn ihnen das gelingt, haben sie ausgezeichnete Chancen, die Zwischenwahlen und die nächste Präsidentschaftswahl zu gewinnen. Allerdings - und hier reicht das bloße Abwarten, wie Carville vorgeschlagen hat, nicht mehr - müssen sie dafür etwas tun, und die Umfrage zeigt uns auch was. Es braucht a) eine Wirtschaftspolitik im weitesten Sinne, die dezidiert für die breite Masse der Bevölkerung gemacht wird. In anderen Politikfeldern von Minderheitenrechten bis zur Bildungspolitik liegen die Demokraten bereits vorn. Es braucht b) reale Ergebnisse, die im Leben normaler Personen ankommen, nicht nur bombastische Gesetzespakete, die nach Verabschiedung ohne Wirkung verpuffen. Hier sind derzeit vor allem die demokratisch regierten Bundesstaaten gefragt. Und es braucht c) Führungsfiguren, die ein solches Programm plastisch vermitteln und zudem die Opposition gegen Trump formulieren können. Wie groß gerade die letzte Aufgabe ist, zeigt eine andere Umfrage, die vor wenigen Tagen veröffentlicht worden ist. Hier die entsprechenden Ergebnisse:
Nicht gut, überhaupt nicht gut. Vergleicht man das mit Umfragen vom Beginn des Jahres, sieht man, dass die Demokraten auf diesem Feld keine Fortschritte gemacht haben. Also wirklich zero. Und das reicht nicht.
Vielleicht, VIELLEICHT (!) gibt es einen Silberstreifen am Horizont. In Kreisen der Demokraten wird derzeit viel über die sogenannte “Abundance”-Theorie diskutiert, ein Regierungsprogramm, das die oben genannten Punkte aufnimmt. Diese Diskussion ist auch für europäische Parteien interessant, denn die Probleme sind oft dieselben. Dazu mehr in einem der folgenden Posts.
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